Die Ereignisse in Hanau haben viele in unserer Schule fassungslos sein lassen. Heute haben wir der Opfer in einer Schweigeminute gedacht. Frau Sawallich hat diese Schweigeminute mit einer Ansprache eingeleitet, die unten stehend nachzulesen ist.
Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Kolleginnen und Kollegen,
in den letzten Tagen wurde nicht nur eine rechte Terrorzelle aufgedeckt,
sondern es ist vorgestern in Hanau zu einer schrecklichen, rassistisch
motivierten Tat gekommen, bei der zehn Menschen ermordet wurden. Es zeigt
sich immer deutlicher, dass unsere Gesellschaft erneut von
menschenverachtendem Gedankengut verbunden mit grausamsten Taten
durchzogen wird. Als Leiterin einer Institution, in der ihr, liebe Schülerinnen
und Schüler, auf das Leben vorbereitet werden sollt, kann und will ich dazu
nicht schweigen, denn auch hier haben wir als Schule einen deutlichen Auftrag.
Vielleicht müssen wir erst lernen, den Menschen zu widersprechen, die
Menschen verachten. Wenn wir es noch nicht gelernt haben, sollten wir nicht
erst morgen oder übermorgen damit beginnen. Jetzt ist der Zeitpunkt es zu tun.
Viel zu viel ist bereits passiert. Es ist auch an uns, Schlimmeres zu verhindern.
Wie wir das können? Seht nicht weg, wenn Unrecht geschieht, wenn Menschen
beschimpft werden. Hier in unserem Miteinander, aber auch darüber hinaus.
Setzt euch mit den gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen
auseinander und bezieht Stellung. Wir haben Schülerinnen und Schüler, die im
September erstmalig wählen dürfen. Nutzt dieses starke Recht und bereitet
euch darauf vor. Stammtischparolen reichen dazu nicht aus. Mit Sorge habe ich
sehen müssen, dass bei den letzten Juniorwahlen an unserer Schule auch der
rechte Rand Stimmen erhielt. Was hat dazu geführt? Angst, Unsicherheit,
Überzeugung oder die Lust an der Provokation?
In wenigen Monaten beginnt das 75. Friedensjahr. Wir dürfen nicht zulassen,
dass dieses Land wieder von Gewalt durchzogen wird.
Unsere Schulgemeinschaft wird immer wieder für ihr gutes Miteinander gelobt.
Dennoch sehe ich auch in unserem Miteinander Handlungsbedarf. Lasst uns
hier beginnen. Lasst uns im Gespräch sein und bleiben, denn nur dadurch
können wir erkennen, was der andere denkt und worüber man sich
auseinandersetzen sollte. Der Mörder von Hanau war ein unauffälliger
Bankkaufmann, der im Internet zugänglichen Verschwörungstheorien anhing
und sich dort offen rassistisch äußerte. Vielleicht wäre er auffälliger gewesen,
wenn er sich mit anderen im Gespräch hätte auseinandersetzen können und
müssen. Lasst uns diese Gespräche führen.
Ich möchte euch bitten, aus Solidarität mit den Ermordeten von Hanau, ihren
Familien und Freunden, aber auch aus Solidarität mit ihren Landsleuten an
unserer Schule, aufzustehen und darüber nachzudenken, worin unsere
persönliche Aufgabe besteht.
[…]
Vielleicht nehmt ihr euch an diesem langen Wochenende ein wenig Zeit, zu
verfolgen, wie die Menschen in unserem Land mit dem erschütternden Ereignis
umgehen, und auch die Zeit und den Mut, euch selbst offen zu positionieren.
Darüber hinaus wünsche ich euch und Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen,
erholsame Tage im Kreise lieber Menschen.