Vom Tsunami zum kenianischen Klassenzimmer
Was hat ein nagelneues Klassenzimmer in einem abgelegenen kenianischen Dorf zu tun mit dem Tsunami in Asien? Gar nichts, könnte man denken. Wenn nicht die Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Weierheide wären ….
Aber fangen wir vorne an.
Als sich Weihnachten 2004 die Meldungen von der Katastrophe in Asien überschlugen, war für den Aktivausschuss der SV Egelsfurthstraße sofort klar: Wir wollen auch etwas für die Opfer dort tun! Aber was? Die Idee war schnell ausgearbeitet: Arbeit statt Schule, einen Nachmittag lang, gegen Bezahlung natürlich. In allen Klassen fand unsere Idee große Zustimmung, und so blieben an einem Mittwochnachmittag Ende Januar 2005 die Klassen-zimmer leer. Statt dessen wurde für Oma das Fenster geputzt, für den Nachbarn der Einkauf erledigt … oder der Innenraum der LehrerInnen-Autos gereinigt. Und als dann die SchülerInnen der Fichtestraße unter anderem mit einem Sponsorenlauf ihren Teil beitrugen, konnten wir stolz unsere Einnahmen zählen: Über 4000 Euro waren zusammengekommen!
Einigkeit herrschte in der SV darüber, dass wir das Geld nicht einfach einer großen Wohltätigkeitsorganisation überweisen wollten, wo es in der Menge der Spenden untergehen würde. Wir wollten lieber konkret einer Schul-gemeinschaft im Tsunami-Gebiet helfen, wieder auf die Beine zu kommen. Und vielleicht, so dachten wir, könnte sich daraus ja eine richtige Partner-schaft entwickeln, mit Briefkontakten, weiteren Spendenaktionen, eventuell in ferner Zukunft auch mal einem persönlichen Kennenlernen ….
Um es kurz zu machen, daraus wurde nichts. In der Schule in Sri Lanka, die wir ausgewählt hatten, stieß unsere Hilfsbereitschaft zwar zunächst auf große Begeisterung – doch dann hörten wir monatelang nichts mehr von unseren neuen Partnern. Und das Geld, für das wir geschwitzt hatten, lag nutzlos auf unserem Schulkonto herum. Da berichteten die Medien, dass die großen Hilfsorganisationen mittlerweile darum baten, über all den Sympa-thien für Asien Afrika nicht zu vergessen. Gerade zur rechten Zeit erfuhren wir, dass der gemeinnützige Verein Tabu e.V. ein Selbsthilfeprojekt in Kenia unterstützte, und dass dort der Bau einer Schule anstand.
Frau Barreto von Tabu e.V. war gerne bereit, unserer Einladung zu folgen und der Schülerschaft von ihrem Verein und dem Selbsthilfeprojekt zu erzählen. Was sie berichtete und was wir auch auf Bildern sehen konnten, überzeugte uns ganz schnell, dass wir gefunden hatten, was wir suchten.
Der Verein Tabu e.V mit Sitz in Dortmund arbeitet unter dem Motto ‚Bildung statt Beschneidung‘. Mädchen und Frauen sollen über die Schrecken der in Kenia noch weit verbreiteten Genitalverstümmlung aufgeklärt und durch Bildung, allgemein und beruflich orientiert, in die Lage versetzt werden, sich unabhängig einen Lebensunterhalt zu verdienen. Nur so können sie sich aus der Falle der gesellschaftlichen Konventionen und der Zwangsverheiratung, für die die Beschneidung eine unabdingbare Voraussetzung ist, befreien. Mit dem Selbsthilfeprojekt CAFGEM zusammen hat Tabu e.V. bereits ein Bildungszentrum für Frauen sowie einen Kindergarten errichtet, und nun geht es darum, älteren Kindern einen Start in ein lebenswertes Leben zu ermöglichen. Dafür muss eine Schule her!
Frau Barreto, die fast rund um die Uhr ehrenamtlich für Tabu im Einsatz ist, war von uns genau so angetan wie wir von ihrem Projekt. Mit 4000 Euro, sagte sie uns, könne in Kenia schon ein ganzes Klassenzimmer gebaut werden. Unser Geld würde also ausreichen, um die Schule aus der Taufe zu heben!
Mittlerweile ist ‚unser‘ Klassenzimmer, das eigentlich ein richtiges kleines Schulgebäude ist, längst fertig. Voller Stolz konnten wir bereits auf Bildern sehen, wie sehr sich unsere Arbeit gelohnt hat. Und damit die SchülerInnen in Kenia auch Hefte, Bücher und all das, was für uns in einer Schule selbstverständlich ist, kaufen können, haben wir mehrere weitere Spendenaktionen durchgeführt – zum Beispiel das beliebte ‚Schuhe putzen für Kenia“, das auf Sommerfesten und Tagen der Offenen Tür zum Dauerbrenner geworden ist.
Im Moment sind die SchülerInnen, denen unsere Aktionen zu Gute kommen, noch zu jung für persönliche Kontakte. Aber die Schule wächst – und wer weiß, in ein paar Jahren könnte aus unserem Projekt doch noch eine richtige Schulpartnerschaft werden. Und dann hätte der Tsunami in Asien indirekt dazu geführt, dass sich die Lebenswelten von Jugendlichen aus Kenia und Jugendlichen aus Oberhausen nicht nur auf finanzieller Ebene berühren ……
Alles Wissenswerte über Tabu findet sich übrigens unter www.verein-tabu.de.
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